Sozialzentrum Anger fertiggestellt
Der „Grund“ für die Errichtung dieses Projektes ist allseits bekannt: einerseits werden immer mehr Menschen älter, andererseits brauchen immer mehr dieser älteren Menschen Hilfestellungen zur Bewältigung ihres Alltags, viele sogar körperliche oder medizinische Pflege.
Bereits seit dem Jahr 2000, als absehbar war, dass die explodierende Zahl an Heimplätzen nicht mehr lange finanzierbar sein würde „tüftelte“ der damalige Obmann des Weizer Sozialhilfeverbandes Mag. Herbert Ribul an Alternativen, die es ermöglichen sollten, älteren Menschen den Eintritt in ein Pflegeheim so lange wie möglich zu ersparen.
Alternative Wohnformen - seniorengerecht, barrierefrei und vor allem auch als Neuwohnungen leistbar – sollten in Verbindung mit Unterstützungsangeboten für die Probleme des Alltags ermöglichen, noch viele Jahre im gewohnten Lebensumfeld verbleiben zu können. Das Interesse für die öffentliche Hand (Land und Gemeinden) sollte in einer massiven Eindämmung der explodierenden Ausgaben für den Pflegebereich liegen, der Nutzen für die betroffenen Menschen in einem enormen Gewinn an Lebensqualität.
Als erstes „Denkmodell“ stellte Mag. Ribul 2001 im Pischelsdorfer Gemeinderat sein Modell des „Betreuten Wohnens“ vor. Als 2005 dieses Modell von der Sozialabteilung des Landes „eingeführt“ wurde, hatte es in der Verordnung derart viele Einschränkungen und vor allem zusätzliche Kosten für die Betroffenen, dass ein neuer Denkansatz her musste: das „Betreubare“ Wohnen – ebenfalls in seniorengerechten barrierefreien Wohnungen, aber mit einem Betreuungs- und Dienstleistungsangebot, für das nicht ständig hohe Bereitstellungsgebühren bezahlt werden mussten sondern nur die in Anspruch genommenen Leistungen.
Die Wohnungen sollten tunlichst in Ortszentren neu oder durch Adaptierung bestehender geeigneter Gebäude errichtet werden, um den Bewohnern die Teilnahme am Leben im Ortszentrum zu ermöglichen und damit auch die Selbstständigkeit und Mobilität zu erhalten.
Seit Inkrafttreten des neuen Sozialhilfegesetzes im Jahr 1998 haben alle Gemeinden die Pflicht, durch Verträge mit Leistungsanbietern wie Hilfswerk, Caritas, Volkshilfe usw. „soziale Dienste“ in ihren Gemeinden bereit zu stellen. Dazu gehören medizinische Hauskrankenpflege, Heimhilfen, Essen auf Rädern – also genau die Leistungen, die ältere Menschen zur Bewältigung ihres Alltags brauchen. Die Verbindung dieser Dienste mit den neuen Wohnformen ermöglichen letztendlich, noch viele Jahre im gewohnten Lebensumfeld bleiben zu können.
All diese Leistungen werden im Sozialzentrum Anger, das nunmehr nach der Fertigstellung des 3. und letzten Bauabschnittes am 14. September 2017 über insgesamt 32 Wohnungen für 40 Bewohner (24 Einzel- und 8 Doppelwohnungen) verfügt direkt im Haus angeboten. Neben dem Stützpunkt der Hauskrankenpflege verfügt das Zentrum auch über eine Tagesbetreuung (nicht nur) für Senioren, sogar der Hospizdienst befindet sich im Gebäude.
Durch die unmittelbare Nähe zu den beiden Allgemeinmedizinern und zum Zentrum des Marktes mit allen Behörden, Banken, Geschäften und der Pfarrkirche haben die BewohnerInnen des Sozialzentrums ein Höchstmaß an Versorgungs- und Lebensqualität – und das für (hoffentlich) viele Jahre!
Übergabe des 3. Bauabschnittes
Wie kommt man zu einem derartigen Zentrum???
Die Marktgemeinde Anger hat – schon vor Jahren – die benötigten Grundstücke gekauft, mit einem Baurechtsvertrag an die Wohnbaugenossenschaft ÖWGes übergeben und diese hat dann die Gebäude errichtet und verwaltet sie auch. Die Finanzierung (insgesamt rund 4,5 Millionen Euro) erfolgte durch Eigenmittel der ÖWGes (rund 840.000 Euro), durch Bankdarlehen und Fördermittel des Landes Steiermark. Der Baurechtsvertrag läuft mehr als 50 Jahre, dadurch war es möglich, die monatlichen Mieten mit durchschnittlich rund 350 Euro (inklusive Lift, Heizung und Betriebskosten sowie komplett ausgestattete Einbauküchen und Badezimmer) so niedrig zu halten, dass sich wirklich jede/r diese Wohnungen leisten kann. Solaranlagen und der Anschluss an die Nahwärme Anger machen das Zentrum auch zu einem ökologisch hochwertigen Bauwerk ohne Umweltbelastung.
Die Eröffnungsfeier:
Bürgermeister RR Hubert Höfler begrüßte die Ehrengäste, an der Spitze Pfarrer GR Mag. Hans Leitner, Landesrat Mag. Christopher Drexler, LAbg. Bgm. Bernhard Ederer, Bezirkshauptmann HR Dr. Rüdiger Taus, Vorstandsdirektor Mag. Christian Krainer (ÖWGes), die Künstlerin HR Mag. Herlinde Almer sowie Bürgermeister, Altbürgermeister und Gemeinderäte der Region, VertreterInnen der bauausführenden Firmen und die neuen MieterInnen des fertiggestellten Wohnhauses. Er freute sich, dass dieses so wertvolle Projekt nun gänzlich fertiggestellt wurde und seine Marktgemeinde und die umgebende Region dadurch noch lebenswerter und liebenswerter macht.
Dir. Mag. Krainer bedankte sich für die gute Zusammenarbeit mit der Marktgemeinde, für die die ÖWGes in den letzten Jahrzehnten bereits 188 Wohnungen bauen konnte und zeigte sich „jederzeit zu neuen Schandtaten bereit…“
Mag. Ribul, der Projektverantwortliche, erläuterte die Hintergründe für die Entstehung dieses nicht nur vorzeigbaren sondern vielmehr Beispielgebenden Sozialprojektes und lud den für die Pflege zuständigen Landesrat Mag. Drexler ein, dieses Erfolgsmodell in seine Sozialplanung aufzunehmen.
BH HR Dr. Taus bedankte sich in seinen Grußworten bei der Gemeinde für die Bereitschaft, der Bevölkerung diese wertvollen Möglichkeiten zu bieten. Bei Mag. Ribul bedankte er sich für 17 Jahre an der Spitze des Sozialhilfeverbandes, für die Leistungen für den Bezirk Weiz, die immer noch nachwirken, für seine Visionen, seine Zukunftsplanung und die Umsetzung unzähliger wichtiger Initiativen und wünschte ihm noch viele kreative und „unruhige“ Jahre.
LR Mag. Drexler bedankte sich für die Einladung und zeigte sich froh, dass er – obwohl er mehrere andere Termine dafür absagen bzw. verschieben musste – nach Anger gekommen war und dieses Vorzeigprojekt kennenlernen durfte. Er beschrieb den hier vorgezeigten Weg als absolut richtigen und zukunftsweisenden und gab zu, dass in den letzten Jahre durch einen gewissen „Wildwuchs“ eigentlich schon viel zu viele Pflegbetten in Heimen errichtet wurden statt die Versorgung der älteren Menschen nach dem Vorbild Anger zu verbessern und wünschte dem Sozialzentrum viel Erfolg.
Pfarrer GR Mag. Leitner segnete das neue Haus, die Wohnungen und ihre Bewohner sowie alle MitarbeiterInnen der im Haus angesiedelten Einrichtungen.
Eine Bläsergruppe der Musikschule unter Leitung von Mag. Karl Berger umrahmte die Feier musikalisch.